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Was heißt gute politische Führung im 21. Jahrhundert?

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Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

Politischer Aschermittwoch – das heißt in normalen Zeiten: deftige Sprüche, derbe Rhetorik und heftige Attacken auf den politischen Gegner. Ich muss gestehen, diese Disziplin gehörte noch nie zu meinen liebsten.

Und wenn wir auf die aktuelle Lage schauen, ist es bestimmt kein Fehler, wenn wir diesmal auf Vereinfachungen und Verunglimpfungen verzichten. Denn unser Land befindet sich in rauer See. Mitten in einer Pandemie, die wir bewältigen müssen. Mitten im Klimawandel, den wir bremsen müssen. Und mitten in der Digitalisierung, die wir gestalten müssen.

Die Herausforderungen, mit denen wir es zu tun haben, sind gewaltig. Und die Veränderungen rasant. Da ist es doch nur verständlich, wenn viele Menschen verunsichert sind, welcher Weg der richtige ist. Wenn sie hin- und hergerissen sind zwischen widerstreitenden Interessen, und wenn sie sich manchmal auch überfordert fühlen von den vielen Veränderungen, mit denen sie konfrontiert sind.

Darin liegt ein Auftrag an die Politik. In solchen Zeiten sind wir als politisch Verantwortliche gefragt. Wir müssen Orientierung geben und Führung übernehmen.

Orientierung bedeutet: einen klaren Kompass an Werten und Prinzipien zu haben, die das eigene Handeln leiten. Klar zu machen, wofür man steht, anstatt den Gang der Dinge lediglich zu moderieren. Und den Leuten die Zusammenhänge und das eigene politische Handeln zu erklären.

Gute politische Führung im 21. Jahrhundert – das bedeutet nicht, breitbeinig aufzutreten, Machtworte zu sprechen oder durchzuregieren. Die Zeit der Basta-Politik ist glücklicherweise vorbei.

Die Bürgerinnen und Bürger folgen Politikern nicht blindlings. Sie tun nicht ganz selbstverständlich das, was von ihnen erwartet wird. Nein, sie wollen überzeugt werden. Mit Argumenten. Mit Lösungen. Und sie wollen, dass ihre Bedenken, ihre Vorschläge und ihre Anliegen Gehör finden.

Deshalb muss auch Schluss sein mit der Behauptung „Dazu gibt es keine Alternative“. Es gibt immer verschiedene Alternativen. Aber nicht alle sind gleich gut. Und deshalb gibt es immer auch verschiedene Wege. Aber nicht alle sind gangbar. Zu demokratischer Politik gehört es also, über die richtigen Prinzipien und die richtigen Wege zu streiten. Und ebenso gehört es im Gegenzug dazu, Mehrheiten zu akzeptieren.

Politische Führung heißt heute mehr denn je, Verantwortung für das Gelingen zu übernehmen: Es zählt nicht allein die gute Absicht oder das gute Argument. Was zählt, ist das gute Gelingen. Und zwar gutes Gelingen für das Ganze.

Und das bedeutet auch, dass das Gemeinwohl der Maßstab für das politische Handeln ist. Wenn jemand für sein persönliches Wohlergehen kämpft oder für die Interessen seiner Gruppe oder Branche, dann ist das in Ordnung. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein: Gemeinwohl heißt nicht, möglichst viele Einzelinteressen zu bedienen. Denn das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Eine alte Weisheit. Formuliert von Aristoteles. Und sie stimmt heute immer noch.

 

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Aristoteles

Politische Führung, die sich am Gemeinwohl orientiert, bedeutet: Das ganze Land gut durch die Pandemie zu bringen. Den Schutz von Leben und Gesundheit ins Zentrum der Politik zu stellen. Und dass Notwendige tun und nicht das Wünschenswerte.

Politische Führung, die sich am Gemeinwohl orientiert, bedeutet: Heute die Veränderung aktiv zu gestalten, damit wir auch morgen in Wohlstand leben können: Indem wir die Digitalisierung und die Dekarbonisierung der Wirtschaft kraftvoll angehen anstatt am Alten festzuhalten.

Und politische Führung, die sich am Gemeinwohl orientiert, bedeutet: Jetzt den Klimawandel und den Artenschwund bremsen, anstatt wegzusehen in der Hoffnung, es werde schon nicht so schlimm kommen.

Nur eine politische Führung, die klaren Werten und Prinzipien folgt, die das Ganze im Blick hat und die Dinge vom Ende her denkt wird die Menschen motivieren, sich einzubringen und die Gestaltung der Zukunft selbst mit in die Hand zu nehmen.

Und genau das ist der Schlüssel dafür, dass unsere Gesellschaft auch in Zukunft zusammenhält. Nicht die Frage, wo jemand herkommt. Oder wie viel jemand hat oder verdient. Sondern die Frage, wo jemand hinwill und wie er sich einbringt in die Gemeinschaft. Nur wenn wir gemeinsam anpacken und handeln entsteht die Zuversicht, die wir alle in dieser Zeit so dringend brauchen.

Denn am Ende entscheiden nicht alleine Gesetze und Verordnungen, ob wir es schaffen, die großen Aufgaben der Zeit zu meistern:

  • den Klimawandel begrenzen,
  • die Digitalisierung menschlich gestalten
  • den Strukturwandel der Wirtschaft meistern und gute Arbeitsplätze sichern
  • und unsere liberale Demokratie verteidigen.

All das gelingt nur, wenn wir die Köpfe und Herzen der Menschen dafür gewinnen. Wenn wir gemeinsam handeln und zusammen für eine lebenswerte Zukunft arbeiten.